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Unterschiede von Transkriptionsregeln - ein Überblick

Wer sich mit Sprachaufnahmen wissenschaftlich beschäftigt, kommt um Transkriptionen nicht herum. Dabei geht es nicht nur darum, Gesagtes aufzuschreiben – vielmehr muss entschieden werden, wie das Gesagte verschriftlicht wird. Genau hier kommen Transkriptionsregeln ins Spiel. Sie bestimmen, was aufgenommen wird, wie es dargestellt wird und für welchen Zweck die Transkription geeignet ist. Doch es gibt nicht die eine Regel – sondern verschiedene Systeme, je nach Zielsetzung. Hier stellen wir die wichtigsten Unterschiede vor.


📌 Warum gibt es unterschiedliche Transkriptionssysteme?

Transkription ist nicht gleich Transkription. Je nach Forschungsinteresse kann es sinnvoll sein, nur den Inhalt (also was gesagt wurde) oder auch die Art und Weise der Äußerung (also wie etwas gesagt wurde) festzuhalten. Dafür wurden verschiedene Transkriptionssysteme über die Jahre entwickelt – mit unterschiedlichen Graden an Detailliertheit.


🧩 Überblick über gängige Transkriptionssysteme


1. Einfache Transkription

  • Ziel: Verständliche schriftliche Wiedergabe des Gesagten.

  • Merkmale: Transkription in korrektem Schriftdeutsch, Weglassen von Wort- und Satzabbrüchen, Pausen, Lachen oder Betonung werden meist ignoriert.

  • Einsatzbereich: Journalismus, Unterricht, Interviews ohne sprachwissenschaftliche Analyse.

 

2. leicht detaillierte Transkription (z. B. inhaltlich-semantisch nach Dresing & Pehl)

  • Ziel: Inhaltliche Erfassung zur Interpretation und Auswertung von Interviews 

  • Merkmale: an der Normschreibung orientierte Transkription, Erfassung von Wort- und Satzabbrüche, Lachen, längere Pausen oder Betonung werden miterfasst.

  • Einsatzbereich: Empirische Sozialforschung, Evaluation, qualitative Interviews

 

3. GAT (Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem)

  • Ziel: Analyse von Gesprächen, insbesondere die Gesprächsstruktur und das Sprechverhalten.

  • Merkmale:

    • Fein abgestufte Pausenangaben (z. B. (.) = kurze Pause, (2.0) = zwei Sekunden Pause)

    • Betonung, Lautstärke, Sprechtempo

    • Markierung von Überlappungen mit [ ]

  • Varianten: Basistranskript, Minimaltranskript, GAT 1, GAT 2 (weiterentwickelte Version mit klarerer Symbolik)

  • Einsatzbereich: Linguistik, Soziolinguistik, Gesprächsanalyse

 

4. HIAT (Halbinterpretative Arbeitstranskriptionen)

  • Ziel: Transkription als Grundlage für hermeneutische Textinterpretation.

  • Merkmale:

    • Kombination aus inhaltlicher und struktureller Erfassung

    • Betonung von Sprecherwechseln und Kommunikationsverläufen

    • Nutzt Turn-Taking-Organisation

  • Einsatzbereich: Interaktionsanalyse, Diskursforschung


🧭 Welches System für welchen Zweck?

Ziel

Empfohlenes System

Inhaltliche Zusammenfassung

Einfache Transkription

Inhaltliche Erfassung zur Interpretation und Auswertung von Interviews

Leicht detaillierte/detaillierte Transkription

Gesprächsverlauf & Pausen

GAT 2

Interaktionsanalyse

HIAT


✍️ Fazit

Die Wahl des Transkriptionssystems hängt immer vom Ziel der Analyse ab. Wer sich nur für Inhalte interessiert, ist mit einer einfachen Transkription gut bedient. Wer hingegen in die Tiefe der Sprachverwendung eintauchen möchte, greift zur detaillierten Transkription, GAT oder HIAT. Wichtig ist: Das Transkript sollte immer transparent machen, welches System verwendet wurde – denn nur so ist es nachvollziehbar und wissenschaftlich nutzbar.



 
 
 

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